Juni 2023 | laprofth blickt mit Besorgnis auf die Entwicklung der kommunalen Haushalte im Kulturbereich.
Aus gegebenem Anlass gilt das besonders für die Situation in der Ortsgemeinde Herxheim, wo eine Kürzung der institutionellen Förderung des Chawwerusch Theater wie auch der Förderung anderer kultureller Einrichtungen für das derzeit laufende Haushaltsjahr überraschend beschlossen wurde: https://www.chawwerusch.de/kulturabbau-in-herxheim-geplant-bitte-um-unterstuetzung/
Der Vorstand des Landesverbandes hat deshalb der Bürgermeisterin Hedi Braun und dem Ortsgemeinderat die folgende Stellungnahme in Form eines Offenen Briefs übermittelt.
Zugleich ist es uns wichtig, den Blick zu weiten: Es geht nicht „nur“ um Herxheim. Auch viele andere Kommunen stehen in diesen Tagen vor ähnlichen Herausforderungen. Deshalb lautet unser Appell: Nur GEMEINSAM werden Kulturschaffende, Politik und Verwaltung geeignete Lösungen angesichts der angespannten Haushaltslage finden, wenn die Lebensqualität und das Recht auf Partizipation für alle Bürgerinnen und Bürger erhalten bleiben soll.
Koblenz, 19.06.2023
OFFENER BRIEF
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Braun,
sehr geehrte Damen und Herren Ratsmitglieder,
mit Erschrecken haben wir die Nachricht unseres Verbandsmitglieds vernommen, dass der Gemeinderat Herxheim sich mit einer knappen Mehrheit sehr plötzlich und unerwartet dazu entschlossen hat, die Konsolidierung des kommunalen Haushalts auf dem Rücken der Kultur auszutragen.
Mit Erstaunen auch – galt doch die Kulturpolitik der OG Herxheim und des Landkreises Südliche Weinstraße bisher in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus stets als vorbildlich, weil sie wichtige Akteur*innen hervorgebracht oder zu sich geholt und verlässlich unterstützt hat.
Wir verkennen nicht die haushälterische Problematik, die Sie dazu bewogen hat, den Rotstift bei den sogenannten „freiwilligen Leistungen“ anzusetzen. Ob der eingeschlagene Weg aber der richtige sein kann, ist aus unserer Sicht noch einmal gründlich zu prüfen. Denn die freie Kulturarbeit ist ein Musterbeispiel für Effizienz und Nachhaltigkeit!
Für das Chawwerusch Theater – wie auch so viele andere Einrichtungen der Freien Szene – lässt sich feststellen, dass hier zahlreiche Künstler*innen und Kulturschaffende unter großem persönlichem Einsatz einen erheblichen Beitrag für das Gemeinwohl leisten: Sie bringen Menschen zusammen, stiften Dialog, stellen Fragen, schärfen die Wahrnehmung. Sie schaffen auf kreative Weise einen Raum zur Verständigung darüber, wie wir miteinander reden und miteinander leben wollen – im Heute und im Morgen. Sie leisten all dieses für (in Haushaltsdimensionen gedacht) verhältnismäßig „kleines“ Geld.
Um tatsächlich alle Menschen in ihrem Umfeld durch niederschwellige Angebote erreichen zu können, sind die professionell arbeitenden Einrichtungen in privater Trägerschaft auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen. Das betrifft zum einen die Höhe der Förderung in einer wirtschaftlich schwierigen, postpandemischen und inflationsgebeutelten Zeit. Es ist kein Geheimnis: Besonders die Live-Künste mussten in jüngster Zeit vieles einstecken und sind noch längst nicht „über den Berg“.
Zum anderen gilt: Professionalität braucht Planungssicherheit. Die Gewissheit, darauf vertrauen zu können, dass getroffene Absprachen und in Aussicht gestellte Perspektiven ein Gewicht haben. Dass Strukturen geschaffen und erhalten werden können.
Dieser Aspekt macht den besonderen Wert einer institutionellen Förderung aus. Sie bildet den partnerschaftlichen Rahmen in gemeinsamer Sache: zur Sicherung und Steigerung der Lebensqualität vor Ort.
Wir bitten Sie daher eindringlich:
- Suchen Sie das Gespräch mit dem Chawwerusch Theater und den übrigen betroffenen Kultureinrichtungen.
- Finden Sie eine gemeinsame Lösung, die die kulturelle Vielfalt auch für die zukünftigen Generationen von Herxheimer Bürger*innen umfänglich erhält.
Mit freundlichen Grüßen
Joya Ghosh, Anja Kleinhans, Frédéric Camus
Vorstand laprofth